Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion war heute zu einer Podiumsdiskussion „Treffpunkt Fraktion“ mit ca. 100 Teilnehmern in Merseburg zu Gast. Im historischen Ständehaus stand der Strukturwandel in Mitteldeutschland im Fokus der von Torsten Schweiger MdB moderierten Veranstaltung.
Arnold Vaatz, welcher selbst vor 35 Jahren in Leuna gearbeitet und in Merseburg gewohnt hatte, betonte in seinen eröffnenden Worten, dass in den letzten 30 Jahren viele positive Entwicklungen in der mitteldeutschen Region stattgefunden haben. Trotzdem muss für die Zukunft geplant werden. Die demographische Entwicklung und der beschlossene Ausstieg aus der Kohleverstromung setzen die Kommunen im ländlichen Raum unter Druck. Um eine Abwärtsspirale zu verhindern, muss die Politik Antworten auf die Frage finden: Was muss für den ländlichen Raum insbesondere in Mitteldeutschland getan werden? Arnold Vaatz stellt hierfür ein Ziel in den Vordergrund: die Digitalisierung muss in den nächsten Jahre verstärkt vorangebracht werden. Hier ist bereits zu viel Zeit verschlafen worden.
Der Abgeordnete führte anschließend die Diskussion auf den Schwerpunkt des Abends. Zu den bestehenden Herausforderungen kommen durch den Kohleausstieg weitere Probleme auf die mitteldeutschen Regionen zu. Die Braunkohlenförderung und -nutzung wurde durch die schweren Jahre nach der Wende gebracht. Das Ziel war eine gesicherte industrielle Basis zur Rohstoffgewinnung und Energiebereitstellung über einen Zeitraum von 35-40 Jahren.
"Politischer Wille schafft keinen Strom herbei!"
Wie Arnold Vaatz betonte, erscheinen Ihm die nun neu gesteckten Ziele für den geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung „utopisch“. So sollen z.B. bis 2040 70% des CO2 eingespart werden. Zudem soll der Ausstieg aus Atom- und Kohlestrom parallel erfolgen. Wichtige Fragen, wie beispielsweise der Grundlastbedarf gedeckt werden kann oder wie die Netzstabilität bei zunehmend regenerativen Energiequellen gesichert werden kann, bleiben für den Bundespolitiker derzeit ungeklärt. „Politischer Wille schafft keinen Strom herbei!“, so die Kernaussage des Abends.
In den weiteren Ausführungen ging Arnold Vaatz auf die flankierende Maßnahmen zur Dämpfung der wirtschaftlichen Folgen des Strukturwandels in den Braunkohleregionen ein. Viele Ideen und ca. 40 Mrd Euro sind bereits auf den Weg gebracht. Für die ostdeutschen Bundestagsabgeordneten sind hierbei aber wichtige Fragestellungen weiterhin offen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende betonte die enge Symbiose der chemischen Industrie mit der Energiewirtschaft. Ebenso gibt es direkte Abhängigkeiten von preiswerter Energie unter anderem in der Zuckerindustrie. Viele Folgen dieser Verknüpfungen wurden noch nicht ausreichend berücksichtigt. Hierfür setzen sich die CDU Bundestagsabgeordneten insbesondere aus den ostdeutschen Bundesländern ein.
Auch die langfristige Sicherung der heute zu gesagten Gelder muss weiter besprochen werden. Im Gespräch sind ein Sondervermögen des Bundes oder eine Festschreibung in Form eines Staatsvertrages.
Arnold Vaatz wies ebenso auf kritische Entwicklungen in der geförderten Energiepolitik hin. Ein warnendes Beispiel sei der Auf- und Abstieg der Solarbranche in Sachsen-Anhalt. Hier hat Deutschland die Chance verpasst, eigene Spitzentechnologie langfristig erfolgreich zu sichern. Die umverteilten Fördermittel werden nun nach Fernost abgegeben.
Um die Entwicklung in den heutigen Braunkohleregionen langfristig positiv zu gestalten, müssen die richtigen Rahmenbedingungen durch die Politik geschaffen werden. Für Arnold Vaatz zählen hierzu u.a. das Planungsrecht anzupassen und zu beschleunigen, Verfahrenszüge zu verkürzen sowie das Verbandsklagerecht ausgewogen zu gestalten. Einen Schwerpunkt sieht er auch in der Preklusion, welche sicher stellen soll, dass Einwände gegen Planverfahren nur bis zu einem Stichtag vorgebracht werden können, um zu verhindern, dass Widerspruchsverfahren „endlos“ in die Länge gezogen werden können.
Am Ende seines Beitrags betonte der Abgeordnete noch einmal die Bedeutung regionaler Netzwerke. Durch den Verbund von Politik, Forschung und Wirtschaft können Synergien genutzt und anstehende Probleme gelöst werden.
Für die anschließende Podiumsdiskussion stellte Torsten Schweiger MdB die weiteren Gäste vor. Frau Rena Eichardt (Geschäftsführerin der Romonta Amsdorf), Herr André Materlik (Werksleiter Knauf Rottleberode) sowie Constanze Buchheim (i-potentials GmbH). Die drei Gäste zeigten die sich aus dem Kohleausstieg und der Energiewende ergebenden Fragen und Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Frau Eichardt und Herr Materlik stellten insbesondere die Herausforderungen an die Wirtschaftsunternehmen sich an die politisch festgelegten Veränderungen anpassen zu müssen, in den Vordergrund. Wichtigste Forderung der regionalen Industrievertreter war daher, dass verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche unternehmerische Entscheidungen überhaupt erst ermöglichen.
Frau Buchheim betonte die Chancen, welche sich aus dem Transfer der Arbeitswelt ergeben. Sie sieht den Schwerpunkt der Aufgaben der Politik vor allem in der Bereitstellung wichtiger Infrastruktur um den Unternehmen der Zukunftsbranchen die notwendigen Grundlagen zur Verfügung zu stellen.
"Politik kann keine Arbeitsplätze schaffen!"
Die Veranstaltung wurde mit einer zweiten Diskussionsrunde beschlossen. Hier kamen der neu gewählte Landrat des Saalekreises Herr Hartmut Handschak, der Bürgermeister der Goethestadt Bad Lauchstädt Herr Christian Runkel sowie der Rektor der Hochschule Merseburg Herr Prof. Dr. Jörg Kirbs zu Wort. Der Tenor der Vertreter der Kommunalpolitik und der Forschung wurde vom Landrat treffend formuliert: „Politik kann keine Arbeitsplätze schaffen!“. Sie muss die Rahmenbedingungen für Infrastruktur, Bildung und Hochschulen setzen, damit die von der Chemie geprägte Wirtschaft im Saalekreis durch den Ausstieg aus der Kohleverstromung nicht negativ beeinflusst wird.
Der Veranstaltung wurde abschließend noch einmal von Torsten Schweiger zusammengefasst und in Einzelgesprächen mit den Gästen in lockerer Atmosphäre fortgesetzt.
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